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       Nemo ist 
      überzeugt: Mit Um-sich-Schauen und Nachdenken 
      platziert ein moderner Mensch "Gott" an passender Stelle. 
      Lichtenberg umkreist das 
      Thema „In the beginning Man created God; and in the image of Man created 
      he him“ in gleich drei Varianten: 
      "[D 198] Gott schuf den Menschen 
      nach seinem Bilde, das heißt vermutlich, der Mensch schuf Gott nach dem 
      seinigen. 
      [D 272] Gott schuf den Menschen nach 
      seinem Bilde, sagt die Bibel, die Philosophen machen es grade umgekehrt, 
      sie schaffen Gott nach dem ihrigen. 
      [A 59] Man muss sich in acht nehmen, 
      dass man, um die Möglichkeit mancher Dinge zu erweisen, nicht gar zu bald 
      auf die Macht eines höchstvollkommenen Wesens appelliert, denn sobald man 
      z.B. glaubt, [dass] Gott die Materie denken mache, so kann man nicht mehr 
      erweisen, dass ein Gott außer der Materie sei." 
      Das dritte mag das Komplexeste sein: 
      Dass jemand, der sagt, ein Gott walte in den Dingen, den Gott außerhalb 
      der Dinge zum Gespenst macht. Und die Dinge tun aber nun das Ihrige - man 
      kann in ihnen eben keinen "Walter über den Dingen" dingfest machen. 
      ...................... 
      Klassische Philosophen aus einer Zeit, in der nicht 
      ohne Gott gedacht wurde, wandern denkerisch durch einen Flaschenhals: 
      "Klar gibt es Gott" sagen sie. Beim Schreiben geraten sie aber in 
      Formulierungen, die einen Gott in den Dingen sowie auch einen Gott denkend und 
      schöpfend oberhalb der Menschen annullieren. Sie schreiben diese Einsicht 
      auf ihre Weise hin und schreiten dann aber als Gläubige weiter, denn es muss ja Gott 
      geben. 
      Sie gleichen damit dem eifrigen Biologen Carl von Linné, 
      geboren 1707: Der 
      sortierte die Natur 1753 bis 1758 schon ganz richtig, mit dem Affen gleich neben dem 
      Menschen, na klar. Aber zu einer Evolution dieser Arten auseinander hervor 
      schwenkte er nicht hinüber, obwohl ihn seine Forschungsergebnisse 
      ansprangen. Nein, alles hatte nebeneinander von Gott geschaffen zu sein. Bis zu Darwins Publikationen 
      1859 und 1871 vergingen nochmals hundert Jahre.  
      Wilhelm Busch reimt auf diese Leistung eines 
      Denkens, aber doch noch Umlenkens:  
      "Und so beschließt er messerscharf,  
      dass nicht sein kann, was nicht sein darf." 
      Aristoteles "Der unbewegte 
      Beweger" hatte mit Gott nichts am Hut. Sein "Beweger" war eine absolute 
      Kraft hinter dem Kosmos relativer Kräfte, war nichts Denkendes oder 
      Fühlendes. Es war erst Thomas von Aquin, der auf Aristoteles seinen 
      Gottesbeweis draufsetzte. Schon Christian Wolff hat das aber wieder 
      zurechtgerückt. 
      Descartes "das vollkommene 
      Wesen" kommt der Idee einer im denkenden Menschen und nirgends in der 
      physikalischen Welt zu lokalisierenden Gottfindung näher als ihm beim 
      Weiterschreiben in seiner "Abhandlung über die Methode des richtigen 
      Vernunftgebrauchs" lieb ist, wenn er gleich zu Anfang notiert: "Und so 
      blieb nur übrig, dass sie (die Idee des vollkommenen Wesens) in mich 
      gesetzt war durch ein in Wahrheit vollkommneres Wesen als ich, welches 
      alle Vollkommenheiten, von denen ich eine Idee haben konnte, in sich 
      enthielt." SEINE Idee konstruiert da einen Berg von Vollkommenheiten - 
      einschließlich seiner Idee, die Idee des vollkommenen Wesen in ihn selbst 
      hinein, und nur da hin, zu setzen. 
      Kant hat "Gott" argumentativ 
      ins Nichts gedrängt und das Thema anschließend dem Subjekt überlassen - 
      dass sich eine subjektive moralische Notwendigkeit ergäbe, das Dasein 
      Gottes anzunehmen. Jeder, der sich zu einer unvollkommenen Moralizität 
      entscheidet - und solche Entscheidung grinst bei Kant an vielen Denk-Ecken 
      - kann im Rahmen dieser Entscheidung alsbald, schön subjektiv, vom 
      Gottesglauben Abstand nehmen. 
      Hegels "Weltgeist" agiert 
      ohne Gott. Da handelt es sich um das Wunder des geistigen Seins von 
      Einzelpersonen, sowie in Konseuqenz daraus um die Konstruktion von 
      Menschengemeinschaft, Weltsicht und in gewisser Weise Welt durch das 
      Denken und die Kommunikation der Denkenden. Hegels Satz "Der Mensch weiß 
      von Gott in dem Sinne, dass Gott im Menschen von sich selber weiß." lässt 
      sich verkürzen auf ein lakonisches "Gott steckt im Menschen". 
      Becketts „Godot“ meint „Gott“. "Godot 
      kommt heute nicht" sagt sein Diener mehrfach während des Stückes. Sehe ich auch so: Wer auf Gott 
      wartet, wartet.  |